GUT GEWÜRZT

Mit Safran verfeinern wir das Risotto alla Milanese, Chiliflocken und Cayennepfeffer geben Chili con Carne seine typische Schärfe, klassisches Gulasch kommt nicht ohne Paprikapulver aus und aromatischer Zimt sorgt beim Apfelkuchen für den letzten Kick. Gewürze und Gewürzmischungen bieten eine unglaubliche Vielfalt an Geschmacksnuancen und Aromen. Neben ihren würzenden Eigenschaften punkten sie mit weiteren Vorzügen: Einige regen die Durchblutung an, andere wirken entzündungshemmend oder verdauungsfördernd.

Im Supermarkt füllen sie heute mehrere Meter Regalfläche und beim Kochen und Backen greifen
wir mit absoluter Selbstverständlichkeit auf eine
Vielzahl unterschiedlichster Gewürze zurück. Das
war nicht immer so.

Denn einst waren Gewürze unschätzbar wertvoll. Schließlich kamen sie nicht nur aus fernen und – bis dato – noch unbekannten Ländern, sie waren auch Statussymbol. Denn über eine lange Zeit waren sie nur bestimmten Schichten, wie dem Adel oder dem Klerus vorbehalten. Heute sind Pfeffer, Ingwer, Zimt, Kardamom und Muskat überall erhältlich und auch bezahlbar. Allein das zeigt, wie viel geschehen ist, seit Vasco da Gama auf der Suche nach Gewürzen auf den Indischen Ozean hinaussegelte. Alexander der Große, um an Zimt zu kommen, in Arabien einmarschieren wollte oder die Römer ihre Schiffe von Ägypten über den Indischen Ozean für den begehrten Pfeffer schickten. Heute lässt sich an den Gewürzen die Kultur- und Kolonialgeschichte bis zur Globalisierung nachvollziehen. Denn Gewürze trugen maßgeblich zum weltweiten Handel bei und bildeten sogar das finanzielle Rückgrat ganzer Imperien. Kurz gesagt: Die Geschichte der Gewürze ist auch eine Geschichte der Menschheit.

BUCHTIPP
THOMAS REINERTSEN BERG
DIE GESCHICHTE DER GEWÜRZE Ι GENUSS,
GIER UND GLOBALISIERUNG Ι HAUPT VERLAG, 38 €


Reich bebildert geht Thomas Reinertsen Berg den Handelswegen der Gewürze bis in die entferntesten Länder der Erde auf den Grund, erzählt von ihren unbekannten und bemerkenswerten Geschichten. Geballtes Geschichtswissen trifft gut abgeschmeckt auf die köstliche Kulturgeschichte der Gewürze.

Doch was genau steckt eigentlich hinter dem Begriff Gewürz? Und was unterscheidet Gewürze von Kräutern? Eine Definition findet sich im Deutschen Lebensmittelbuch in den Leitsätzen für Gewürze und andere würzende Zutaten: „Gewürze und Kräuter sind Teile bestimmter Pflanzenarten, die wegen ihres natürlichen Gehaltes an Geschmacksund Geruchsstoffen als würzende oder geschmacksgebende Zutaten verwendet werden.“ Muskat ist zum Beispiel ein Samenkern, aber auch die Blüte der Pflanze, die Macis, kommt als Gewürz zum Einsatz. Botanisch gesehen ist Zimt die Baumrinde eines Lorbeerbaums, während Wacholder eine reife, getrocknete Beere ist und Paprika oder Pfeffer zu den Früchten zählen. Eine große Anzahl
der Gewürze, wie Ingwer oder Kurkuma, sind Wurzeln. Da die meisten Gewürze getrocknet und zerkleinert in den Handel kommen, sieht man ihnen allerdings meist nicht mehr an, ob sie aus getrockneten Blüten, Früchten, Knospen, Samen, Rinden, Wurzeln oder Zwiebeln stammen. Fest steht jedoch, dass der richtige Gewürzmix – es ist sowohl eine Frage der Kombination als auch der Dosierung – einem einfachen Gericht den letzten Kick gibt.

Chili – ich liebe die Schärfe. Vor neun Jahren war ich zum ersten Mal in Asien und habe dort erlebt, wie vielfältig Chili verwendet wird. Genau wie Salz und Zucker hebt Chili die Komplexität von Speisen, das aromatische Spektrum wird viel breiter.

Olaf Klötzer, Klötzer Delikatessen

Es gibt so viele tolle Gewürze, aber ganz besonders mag ich Kurkuma – das entzündungshemmend wirkt – und Suppen, aber auch indische Gerichte verfeinert. Ich esse meinen morgendlichen Porridge sogar mit etwas Kurkuma.

Ich liebe aber auch Ceylon-Zimt – perfekt für viele Süßspeisen und Gebäcke, der dem Körper hilft, die Zuckerlast im Blut zu minimieren.

Dagmar Schulz, Kräuterladen Paracelsus

Wer an teure Gewürze denkt, dem fällt sofort der rote fadenförmige Safran ein. Die orangeroten Stempelfäden werden mühsam von Hand geerntet und stammen von einer Krokusart, die in Afghanistan, im Iran und in Spanien beheimatet ist. Lange führte Safran – es braucht zwischen 150.000 und 200.000 Blüten für ein Kilogramm – die Rangliste als teuerstes Gewürz an. Inzwischen hat sich die erbsengroße Chilischote der Aji Charapita diesen Platz gesichert. Die ursprünglich aus dem Norden Perus stammende und ebenfalls von Hand geerntete Chili schmeckt – bevor sie ihr feuriges Aroma entfaltet – zunächst süßlich. Auf Platz drei der teuersten Gewürze weltweit findet man Vanille. Die Königin der Gewürze wird durch einen zeitintensiven Fermentationsprozess aus den Kapselfrüchten verschiedener Orchideenarten gewonnen.

Auch hier ist sowohl bei der Bestäubung als auch bei der Ernte Handarbeit gefragt. Madagaskar gilt weltweit als größtes Anbaugebiet für Vanille. Der Begriff Bourbon-Vanille ist geschützt und gilt für Vanille, die auf den Inseln Madagaskar, den Komoren, La Réunion, den Seychellen und Mauritius angebaut wird. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts trug La Réunion übrigens noch einen anderen Namen: Île de Bourbon.

Mein Lieblingsgewürz ist (zurzeit) Toskana Blend: Ob als Brotgewürz oder Kräuterdip – dieser Blend mit italienischen Kräutern und Gewürzen macht Gerichte zu etwas Besonderem. Er kann als Fischgewürz verwendet werden sowie zum Würzen von Nudel- und Fleischgerichten.

Susanne Rieskamp, Wajos im Loom

Text: Corinna Bokermann

Fotos: Timo Blaschke, Privat, Alexander Quaet-Faslem, Jürgen Rehrmann, iStock.com/AtlasStudio

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