WIR GEBEN UNSEREN SENF DAZU
Wasser, Senfkörner, Essig, Zucker, Salz und Gewürze. Mehr braucht es nicht, damit wir unseren Senf dazugeben können. Warum das als Redewendung eher negativ gemeint ist, erklärt sich angesichts einer Unsitte, die auf das 17. Jahrhundert zurückgeht. Da Senf damals etwas Kostbares war, verfeinerten Wirte alle Speisen damit, um sie aufzuwerten. Selbst wenn es geschmacklich ebenso wenig passend war wie manch überflüssige Bemerkung.
Das widerfährt der pikanten Creme heute zum Glück nicht mehr. Schließlich ist Senf keine Luxuszutat mehr und es gibt genügend Gerichte, für die er tatsächlich ein Glücksfall ist. Was wäre schließlich eine Weißwurst ohne den typischen süßen Senf? Die klassische Bratwurst oder Bulette ohne mittelscharfen Senf? Auch zahlreiche Saucen, Marinaden und Suppen – von der Erbsensuppe bis zum Grünkohleintopf – werden durch die Zugabe von Senf erst so richtig lecker. Und Fisch in Senfsoße ist ein weiterer beliebter Klassiker. Vorzugsweise für deftige Speisen ist Senf ein geeigneter Sparringspartner und das hat nicht nur geschmackliche Vorteile: Die in der Gewürzcreme enthaltenen Senföle machen nämlich schwere Gerichte leichter verdaulich.
VIELFÄLTIGES MULTITALENT
Obwohl die eingangs erwähnten Hauptzutaten immer die gleichen sind, gibt es einige Unterschiede in Sachen Qualität und Geschmack. Zum einen entscheiden die verwendeten Senfsaaten über den Schärfegrad: gelbe Körner ergeben ein milderes Gewürz, braune und schwarze ein scharfes. Aber auch wie viel Zucker verwendet wird, welche Güte der Essig hat, ob die Senfkörner fein oder grob gemahlen werden und welche weiteren Zutaten verwendet werden, hat großen Einfluss auf die Gesamtkomposition. So ist grobkörniger Senf ideal zum Marinieren, und scharfer Chili-Senf gibt vegetarischen Gerichten mit Tofu oder Halloumi einen besonderen Kick. Und dass ein Estragonsenf mit seiner leichten Anisnote ganz andere Gerichte verfeinert als ein süßer Feigensenf, versteht sich von selbst.
BEWÄHRTES SUPERFOOD
Bei aller Vielfalt enthält Senf immer Senföle, die nicht nur für die Schärfe sorgen, sondern auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben. So mutiert der Senf im 21. Jahrhundert zum Superfood mit erwünschten Nebenwirkungen. Senföle gelten als entzündungshemmend, antiviral und antibakteriell und können sogar Schmerzen lindern. Als altes Hausmittel zur Linderung von Erkältungskrankheiten oder Blasenentzündungen sind sie lange bekannt und ihre keimtötende Wirkung ist wissenschaftlich erwiesen.
Übrigens verleihen die in ihnen enthaltenen Senföle auch Gemüse wie Meerrettich, Kresse, Radieschen, Rucola, Wasabi und Brokkoli den unverwechselbaren scharf bitteren Geschmack. Positive gesundheitliche Auswirkungen inklusive. So war Meerrettich früher als „Penicillin der Bauern“ bekannt. Eine weitere „Zauberkraft“ bringt aber ausschließlich der Senf mit: Er hat einen emulgierenden Effekt, kann also Wasser und Fett feinverteilt verbinden. Genau das ist das Geheimnis jeder Vinaigrette aus Essig und Öl. Wer hier seinen Senf dazugibt, macht alles richtig.
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