Dandelion root with leaves on a wooden cutting board, top view

GANZ SCHÖN BITTER

Bitter? Bäh! Das war lange Zeit die spontane Reaktion auf eine unterschätzte Geschmacksnote. Verständlich, schließlich war ein bitterer Geschmack ursprünglich eine Warnung: Vorsicht, könnte giftig sein. Zudem haben Züchter in den letzten Jahrzehnten unserem Obst und Gemüse noch die letzten Bitterstoffe ausgetrieben. Uns die Lust auf Bitteres quasi abtrainiert. Doch jetzt heißt es plötzlich: bitte bitter!

Bitter? Bäh! Das war lange Zeit die spontane Reaktion auf eine unterschätzte Geschmacksnote. Verständlich, schließlich war ein bitterer Geschmack ursprünglich eine Warnung: Vorsicht, könnte giftig sein. Zudem haben Züchter in den letzten Jahrzehnten unserem Obst und Gemüse noch die letzten Bitterstoffe ausgetrieben. Uns die Lust auf Bitteres quasi abtrainiert. Doch jetzt heißt es plötzlich: bitte bitter!

Zugegeben, bei Getränken ist die bittere Note nie ganz verschwunden. Nicht nur James Bond leert seit Jahrzehnten seinen Martini ungerührt bis zum letzten Wermuts-Tropfen. Auch der Kaffee, das liebste Getränk der Deutschen, ist durchaus bitter – wenn wir nicht gerade löffelweise Zucker dazugeben. Und während Opa Heinz sich gerne einen Magenbitter gönnt, steht sein hipper Enkel auf Aperol Spritz. Doch auch darüber hinaus erfreuen sich Bittergetränke zunehmender Popularität. Gin ist immer noch in und gerade im Sommer vermitteln Bitter und Kräuterliköre mehr Leichtigkeit und Frische als ein zuckerreicher Cocktail.

Bitterstoffen werden vielfältige gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. So sollen sie die Verdauungsorgane ankurbeln und den Säure-Basen-Haushalt harmonisieren. Häufig kommen sie auch als „bittere Medizin“ daher, etwa bei Heilpflanzen wie Ringelblume, Wegwarte oder Schafgarbe.

Überhaupt ist der Bitter-Trend wohl auch eine Reaktion auf die „Überzuckerung“ unserer Lebensmittel. Kein Wunder, dass er jetzt auch auf dem Teller angekommen ist. Nur süß ist eben langweilig. Der Hauch einer bitteren Note macht Speisen komplexer und interessanter. Die neuen Stars in der Gemüseabteilung sind daher die, die sich dem Züchtungsziel „süß“ zumindest teilweise widersetzt haben. Während Gurken oder Möhren kaum noch erahnen lassen, dass sie ursprünglich durchaus bittere Kost waren, bekommen sie jetzt Konkurrenz. Ganz schön bitter für die Süßen, die plötzlich Artischocke und Schwarzwurzel, Chicorée und Löwenzahn, Endivien und Radicchio den Vortritt lassen müssen. Übrigens: Auch diese Kulturpflanzen haben inzwischen einen deutlich milderen Geschmack. Wer es so richtig bitter mag, geht deshalb noch einen Schritt weiter, beziehungsweise zurück: Wildgemüse und Wildkräuter – der neue Hype in vielen Kochbüchern sowie der Sterneküche – enthalten dagegen noch natürliche Bitterstoffe in zum Teil hoher Konzentration. Darauf einen Löwenzahn.

Text: Stefanie Gomoll | Fotos: iStock

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