DAS GEHEIMNIS GUTER SCHOKOLADE
Schokolade macht glücklich! Warum das so ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Ist es eine psychoaktive Substanz, die an der Produktion des „Glückshormons“ Serotonin beteiligt ist? Oder sind es einfach schöne Kindheitserinnerungen, die uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubern? Das ist alles im Grunde egal. Denn fest steht Schoki hebt die Stimmung. Und Bielefeld ist reich an ausgewiesenen Chocolatiers, die ganz besondere Kreationen schaffen. Wir haben nachgefragt.
In der kalten Jahreszeit kehren die Bielefelderinnen und Bielefelder gern im Café Tartes und Törtchen in der Kunsthalle Bielefeld ein, um sich mit einer leckeren Heißen Schokolade aufzuwärmen. Sie wurde in der Pâtisserie-Küche von Lea Nüsgen kreiert und besteht aus hochwertiger Rohschokolade mit subtilen Gewürzen. Das macht den besonderen Geschmack aus. Im Café Kraume steht in puncto Schokolade die „Da ist für jeden was dabei“- Tafelmischung hoch im Kurs der Gäste. Da kann man nach Herzenslust probieren, denn die handgemachte Tafel besteht aus zehn verschiedenen Riegeln. In Sachen Pralinen sind die Kunden lokalpatriotisch unterwegs und greifen gern zu den „Drei Sparren“- und „Leineweber“-Pralinen, hierbei haben Trüffel die Nase vorn – entweder mit Marc de Champagne oder als Himbeertrüffel. Das kommt den persönlichen Vorlieben von Jörg Kraume sehr entgegen. „Sehr schön finde ich auch immer Pralinen, die Frucht und Schokolade verbinden. Und gern esse ich Pralinen mit Biss, also zum Beispiel mit gehackten, gebrannten Mandeln oder Nüssen.“
GLAUBENSSACHE
Vollmilch oder dunkle Schokolade? Für manche geht nur das eine oder das andere, für viele aber beides. Dunkle Schokolade hat gerade in den letzten Jahrzehnten deutlich mehr Anhänger gefunden. Oft heißt es sogar, dass ein hoher Kakaoanteil sich günstig auf die bekannten Risikofaktoren für Herzkreislauf-Krankheiten auswirken können. Aber auch hier – Sie ahnen es schon – herrscht in der Forschung Uneinigkeit.
Lea Nüsgens persönlicher Favorit ist ganz klar eine dunkle Vollmilchschokolade aus Frankreich. „Sie ist mit 45 Prozent Kakaoanteil weniger süß als die regulären Vollmilchschokoladen und sehr fein-cremig, ohne zu süß zu sein“, schwärmt sie und nutzt diese Schokolade häufig für eigene Kreationen, zum Beispiel als Füllung für die beliebten farbenfrohen Macarons. „Schokolade ist in unserer Pâtisserie eine grundlegende Hauptzutat. Wir nutzen verschiedenste Sorten Schokolade, die passend je nach weiteren Hauptrohstoffen zu den Produkten ausgesucht werden. Zu fruchtigen Aromen passen in der Regel weiße und Vollmilch-Schokladen, zu dunklen Geschmacksnoten sind es zartbittere oder herbe Schokoladen.“
GESCHMACKSSACHE
Was aber macht für unsere Bielefelder Chocolatiers eine gute Schokolade aus? Dazu hat Jörg Kraume eine eindeutige Meinung: „Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall“, lacht er. „Jeder hat seinen eigenen Geschmack.
Schokolade muss Spaß machen und in der Geschmackserwartung ist jeder Mensch eigen. Für ein spannendes Aroma muss der Kakaoanteil nicht durch die Decke gehen. Eine 60-prozentige Bitterschokolade von hervorragenden Kakaobohnen ist prozentual höher gestellten Schokoladen, die aus minderwertigen Standard Kakaos hergestellt werden, geschmacklich weit überlegen.“ Für Lea Nüsgen darf eine Schokolade nicht zu süß sein, sollte aber auf der Zunge zart schmelzen. „Sie muss klar im Geschmack sein“, betont sie. „Und natürlich ohne Vanillin. Der Ursprung aller unverarbeiteten Lebensmittel ist die Natur, die allerhand phantastische Rohstoffe hervorbringt. Und unsere Aufgabe ist es, dieses Rohmaterial auf bestmögliche Weise zu kombinieren.“ Die Schokoladen Fachfrau setzt konsequent auf qualitativ hochwertige Rohstoffe, wie Molkereierzeugnisse, Obst, Eier und Mehl von Bauern aus der Region. Zutaten, die nicht regional verfügbar sind, z. B. Gewürze, Schokolade, verschiedene Nusssorten, Zitrusfrüchte, kauft sie bei ausgesuchten Händlern ein. Auch für Jörg Kraume sind Geschmack und Nachhaltigkeit entscheidend. „Wir arbeiten ausschließlich mit Edelkakaos. Durch den Direktbezug aus Kolumbien haben wir immer top Ware und wissen, dass unsere Kakaobauern ordentlich für ihre Arbeit entlohnt werden.“ Das ist ihm wichtig. Die Kraume-Schokoladen mit dem treffenden Namen „Transparencia“ sollen einen Mehrwert für alle Beteiligten darstellen: mehr Arbeitsschritte im Erzeugerland Kolumbien, mehr Lohn und Bildung für die dortigen Kleinbauern, mehr für die Umwelt durch nachhaltigen Anbau und mehr für die Kraume-Kunden: ideologisch und geschmacklich. Die Mehrkosten werden ebenfalls transparent gemacht.
GLOBALE SACHE
Vorab hat sich der engagierte Chocolatier umfassend informiert. „Kakao wird fast rund um den Globus um den Äquator – plus, minus 5 Breitengrade – angebaut. Das sind nicht gerade Wohlstandsnationen. Wir finden es wichtig, dass die Menschen, die den Kakao herstellen auch ihren gerechten Anteil bekommen.“ Deshalb arbeitet die Bielefelder Conditorei mit 55-jähriger Tradition mit einer genossenschaftlichen Kooperative in Kolumbien zusammen. „Südamerikanische Kakaos gehören vom Aroma her zur Crème de la Crème der Kakaosorten. Es gibt die geschmacklich nur mäßige Massenware mit hohem Ertrag je Baum und die kleinen feinen Edelkakaos, die weniger Ertrag pro Pflanze bringen, aber dafür im Aroma viel feiner und spannender sind. Dort schmeckt man dann im fertigen Kakao auch die Unterschiede nach Anbaugebiet und Herstellungsverfahren heraus.
Das ist ähnlich wie bei Wein oder richtig gutem Kaffee.“ Wir halten fest: Das Leben ist viel zu kurz, um schlechte Schokolade zu essen. In der Abwandlung des Goethe-Zitats – der deutsche Dichter sprach ursprünglich von Wein – steckt viel Wahrheit drin. Und der Vergleich zu einem edlen Tropfen hinkt in keinster Weise. Wie beim Traubenanbau ist es auch bei Kakao entscheidend, wie er wächst und kultiviert wird. Die Rohstoffe – die Zutaten für Schokoladen, Pralinen und Co. – entscheiden über den Geschmack. Und darauf legen Bielefelder Chocolatiers größten Wert. Alles andere ist der Kreativität der Chocolatiers überlassen.
Foto: iStock.com/ kasia2003, Raffaela Laufer, Café Kraume
Text: Eike Birck