IMMER SCHÖN AUTHENTISCH BLEIBEN
Früher war klar: Wer Pizza und Pasta mag, geht zum Italiener, das Curry-Gericht gibt’s dagegen beim Inder und die Pho Bo beim Vietnamesen. Diese Trennung haben einige Restaurants aufgehoben. Sie vereinen verschiedene Küchentraditionen. Allerdings weniger auf einem Teller als vielmehr unter einem Dach. So wie beim WOBU, das die Fusion bereits im Namen trägt. Wokgenuss trifft hier auf Burgerlust, also asiatische auf amerikanische Küche. Zudem begegnen sich scheinbare Gegensätze: Ein typisches Fast-Food-Gericht wie der Burger kommt hier mit gesunden Zutaten und gerne auch vegetarisch daher.
So wie Wok und Burgergrill im WOBU wunderbar koexistieren, hält es auch das Numa mit asiatischer und mediterraner Küche. „Aber eigentlich passen wir in das Thema ‚Fusion‘ gar nicht rein“, gibt Lars Reddemann zu bedenken. Fusion-Küche wäre für ihn bei spielsweise eine Kreation wie Tomate-Mozzarella mit Zitronengras und Koriander. Also ein Mix aus Zutaten und Gewürzen, die keine gewachsene Verbindung haben. Stattdessen ist es ihm wichtig, sowohl mediterrane also auch asiatische Küchentraditionen authentisch rüberzubringen und keinesfalls zu vermischen. Wer hier „fusioniert“ sind eher die Gäste. Denn im Numa kommen Liebhaber von originalgetreuem thailändischem Gemüsecurry ebenso auf ihre Kosten wie Fans von apulischer Burrata. „Die Idee hinter dem Numa war es, Ein-Pfannen-Gerichte zu machen, wie es sie in Italien gibt, aber eben auch als Wokgerichte in Vietnam. Wir wollten einfache, traditionelle Gerichte in schicker Weise servieren und haben gemerkt: Das funktioniert auch nebeneinander, aber nicht zusammen in einem Gericht.“ Und so stehen auf der Karte etwa Kräuter-Ricotta Ravioli neben thailändischem Gemüse Curry ‘Tom Kha‘ Style. Wichtig sind Lars Reddemann dabei die saisonalen und regionalen Zutaten.
„Es ist spannend, Grünkohl auf indische Art zu kochen oder rote Beete für eine italienische Burrata zu verwenden. Das ist typisch Numa, das ist unsere Handschrift.“ Wo es Bezüge gibt, die historisch gewachsen sind, kommt für den Gastronom auch eine Fusion in Frage. „Beim Massaman-Curry begegnen sich etwa Nordthailand und Indien mit Zutaten wie Sternanis und Zimt. Das ist eine Fusion, mit der ich leben kann. Aber grundsätzlich versuchen wir so zu kochen, dass Menschen aus dem Mittelmeerraum oder Asien es noch als ihr Gericht erkennen. Beides auf einem Teller zu kombinieren, ist nicht unser Stil, aber durchaus legitim, wenn andere das machen.“
TIPP Wie mutig in der Küche fusioniert wird, ist im wahrsten Sinne Geschmackssache. Aber oft harmonieren regionale Zutaten erstaunlich gut mit exotischen Gewürzen. Kleiner Tipp: Zutaten nicht zu wild mixen, sondern sich vorsichtig herantasten.
Samy Wali etwa ist so einer Fusion nicht komplett abgeneigt. Wobei auch im Scarabaé zwei Traditionen – orientalisch und mediterran – vorrangig nebeneinander statt als Crossover auf der Speisekarte stehen. Warum gerade diese Kombination? „Das hat
mit unserem persönlichen Background zu tun“, erklärt der Gastronom. „Wir kommen aus dem Orient und bislang ist diese Küche in Bielefeld nicht so stark vertreten. Zumindest gibt es wenige größere Lokale mit orientalischer Küche, die zum längeren Verweilen
einladen. Die mediterrane Küche haben wir mit reingenommen, weil wir sie selbst auch
gern mögen.“ Er liebt die typischen Zutaten und Gewürze, die beide Küchen jeweils auszeichnen. Und so finden sich auf der Speisekarte unter anderem Zitronengras- und orientalische Linsensuppe, aber eben auch Teigtaschen mit Salbeibutter. Manchmal reizt Samy Wali auch eine Verschmelzung der Traditionen. „Wenn man das Beste aus beiden Welten vereint, können interessante Geschmackskombinationen entstehen, die vertraut und zugleich neu sind. Allerdings gibt es auch ein paar No-Goes, ein paar ungeschriebene Gesetze. Sich zu viel zu trauen, kann auch etwas kaputt machen. Was einzeln gut schmeckt, kann kombiniert durchaus nicht passen.“ Die Fusion Küche hat für den Gastronom aber nicht nur geschmackliche Aspekte, sondern auch kulturelle: „Es geht darum Grenzen zu überwinden, Menschen zusammenbringen und nicht nur kulinarisch neue Horizonte zu entdecken.“
Genau dort, wo Menschen und Kulturen aufeinandertreffen, ist im Laufe der Geschichte übrigens auch immer wieder Fusion Food entstanden. Außerdem ist klar, dass Kochkunst nichts Statisches ist. Küchentraditionen entwickeln sich weiter und vieles, was als typisch für ein Land oder eine Region gilt, hat sich tatsächlich aus verschiedensten Einflüssen geformt. So begegnen sich in der kreolischen Küche etwa afrikanische, karibische, europäische und asiatische Esskulturen. Und die Tex-Mex-Küche trägt ihre Herkunft bereits im Namen. Kleiner Scherz zum Schluss: Wer denkt heute noch darüber nach, dass die „deutsche“ Currywurst nur dank amerikanischem Ketchup und indischem Currypulver zum Klassiker wurde? (S.G.)