GESCHMACKSKNOSPEN
Rosen und Lavendel, Ringelblume und Taglilie, Holunder, Kapuzinerkresse, Nachtkerze und Indianernessel. So einige Pflanzen machen im Beet eine ebenso gute Figur wie auf dem Büffet. Mit ihren essbaren Blüten haben sie den Sprung vom Garten auf die Gabel geschafft. Ob in der Gastronomie oder der heimischen Küche: Sie begeistern als Augenweide und Gaumenfreude gleichermaßen.
K lar, manches Blümchen landet als pure Deko auf dem Teller. Wird beiseitegeschoben wie früher das kleine Petersilien-Sträußchen. Obwohl auch das schon ein Missverständnis war, denn dieses Würzkraut ist ebenso lecker wie gesund. Und das gilt auch für einige Blüten, die weitaus mehr drauf haben als bloß gut auszusehen. Kann doch schließlich kein Zufall sein, dass ausgerechnet die Geschmacksknospen auf der Zunge für unseren Geschmackssinn zuständig sind. Also einfach mal echte Knospen drauflegen und sich von der erstaunlichen Aromenvielfalt überraschen lassen. Und wenn beim nächsten Restaurantbesuch liebevoll drapierte Blüten ins Auge fallen: Mutig sein und einfach mal mitessen. Wer allzu skeptisch is(s)t und Deko grundsätzlich nicht verspeist, kann sich ja vorsichtig herantasten. Vielleicht einfach mal die hübschen blauen Sternchen des Borretsch‘ in Eiswürfeln einfrieren und damit ein kühles Getränk veredeln. Oder beim Gang durch den Garten ein Blütenblättchen von der Indianernessel abzupfen und sich über den minzigen Geschmack freuen. Allerdings sollten sich Laien vorab kundig machen, welche Pflanzen tatsächlich essbar sind. Giftige Vertreter wie Maiglöckchen müssen natürlich draußen bleiben.
Unbesorgt genießen heißt es dagegen bei Kapuzinerkresse und Taglilie, die im ersten Fall kräftig, im zweiten dezent scharf schmecken. Das gilt auch für die Blüten klassischer Kräuter wie Schnittlauch und Bärlauch. Wer nämlich glaubt, Blüten hätten immer ein irgendwie blumiges Aroma, der liegt falsch. Den besten Gegenbeweis tritt der Zimmerknoblauch an, bei dem eine einzelne zarte Knospe in Sachen Geschmacksintensität jede klassische Knoblauchzehe locker übertrumpft. Auch wer das Glück hat, auf ein Töpfchen mit Gewürztagetes zu stoßen, sollte unbedingt zugreifen. Das intensive Aroma ist unbeschreiblich, veredelt Hauptgerichte ebenso wie Desserts. Denn natürlich können Blumen auch Nachtisch. Ein beliebter Klassiker, der gerade ein Comeback erlebt, sind kandierte Duftveilchen. Und auch Lavendel, besonders in Kombination mit Honig, ist ein ebenso guter Sparring-Partner für Käse wie für Desserts. Wer erst einmal beginnt, mit seinen Geschmacksknospen das Blütenreich zu erkunden, kann sich auf wunderbare Entdeckungen freuen. (S.G.)
Für Einsteiger
Holunderblütenessig: Einige Dolden Holunderblüten in ein Schraubglas geben, mit gutem Apfel- oder hellem Balsamicoessig übergießen. Die Blüten müssen komplett bedeckt sein. Täglich einmal schütteln. Nach etwa vier Wochen hat der Essig das feine Blütenaroma angenommen und kann durch ein Sieb gegossen und in ein Fläschchen umgefüllt werden.
Für Kinder
Blümchenbrot: Eine Stulle des Lieblingsbrots buttern, mit Kräutersalz bestreuen und dann die selbst gesammelten Köpfchen von Gänseblümchen drauflegen. Schmeckt, sieht gut aus und macht auch kleinen Kindern Spaß.
Für Fortgeschrittene
Gefüllte Zucchiniblüten: Der Klassiker aus Italien ist eine wahre Delikatesse. Mit Gemüse, Schafskäse, Ricotta oder Gehacktem gefüllt und im Ofen gegart oder knusprig frittiert, sind sie ein köstlicher Weg, der Zucchini-Schwemme entgegenzuwirken.
Gefüllte Zucchiniblüten
Zutaten für vier Personen:
- 10 Zucchiniblüten
- 40 g Pinien- oder Sonnenblumenkerne
- 250 g Ricotta
- 50 g fein geriebener Parmesan
- 1 Eigelb
- 20 g Semmelbrösel
- Salz, Pfeffer und Zitronenabrieb nach Geschmack
- Olivenöl
Zubereitung:
- Zucchiniblüten vorsichtig säubern, den Blütenstempel entfernen.
- Pinien- oder Sonnenblumenkerne in einer Pfanne bei mittlerer Hitze und ohne Öl anrösten.
- Abkühlen lassen und grob hacken.
- Ricotta mit Parmesan, Eigelb und Semmelbröseln vermischen. Würzen und Kerne unter die Füllung mischen. Alles vorsichtig in die Zucchiniblüten einfüllen.
- Ein Backblech mit etwas Olivenöl beträufeln.
- Blüten darauf geben und bei 180 °C (Umluft) auf der mittleren Schiene 15 Minuten backen.
Fotos: Stefanie Gomoll, istock.com/Natalya Shcherbatyuk, privat, Peter Wehowsky
Test: Stefanie Gomoll