KRASSE KRÄUTER

Streift man an ihnen vorbei oder fährt mit den Händen leicht durch die Kräuter hindurch, fängt man ihren Duft ein. Heimische Kräuter wie Kamille, Schafgarbe, Quendel, Ehrenpreis, Teufelskralle oder Ringelblumen wachsen im Kräutergarten von Dagmar Schulz. Die Heilpflanzen-Expertin hat ihn im Hinterhof ihres Kräuterladens angelegt.

Er ist eine begehbare Oase im urbanen Alltag und spiegelt Leidenschaft und Profession der Bielefelderin. „Das Schöllkraut, das hier wächst und ein wunderbares Warzenkraut ist, zeige ich gern, aber verkaufen darf ich es nicht, da es toxisch ist“, sagt Dagmar Schulz. 2014 ist sie in den von ihrem Vater gegründeten Kräuterladen Paracelsus eingestiegen, seit eineinhalb Jahren führt sie diesen in Eigenregie. Es war eine Herzensentscheidung. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es den Laden irgendwann nicht mehr gibt! Ich bin hier aufgewachsen und stand schon mit fünf hinterm Tresen“, macht sie deutlich.

1981 gründete ihr Vater, Heinrich Scheller, den Kräuterladen Paracelsus zunächst an der Marktstraße nahe der Ravensberger Spinnerei, seit dem Umzug am heutigen Standort am Bolbrinkersweg. Das Elternhaus von Dagmar Schulz. „Heute mehr Laden als Wohnhaus“, wie sie feststellt. Am Konzept hat sich nichts verändert. So wie vor über 35 Jahren werden in dem kleinen Familienunternehmen Kunden beraten, betreut und mit pflanzlichen Produkten versorgt: Neben wohltuenden Kräutertees gehören dazu auch Produkte aus der Naturkosmetik. Allerdings stehen heute nicht mehr die großen Säcke mit Kräutern im Laden, in die ihr Vater immer hineingriff, um für die Kunden individuelle Tees zusammenzustellen. Mittlerweile befinden sich die Kräuter – da u. a. auch die Richtlinien des Gesundheitsamtes zu beachten sind – in hölzernen Schubladen. Die Herbarien, die sie als 16-Jährige gemacht hat, schmücken heute die Wände. „Schon damals habe ich Heilkräuter gesammelt und getrocknet“, erzählt Dagmar Schulz, die den traditionellen Charme des Kräuterladens erhalten und ihn mit viel Liebe zum Detail ausgestattet hat. Und so wie ihr Vater, stellt auch Dagmar Schulz aus den vielen Heilkräutern individuelle Tees zusammen.

Die langjährige Erfahrung zahlt sich vor allem in der Semiotik und individuellen Beratung aus. „Im individuellen Gespräch mit unseren Kunden gehen wir detailliert auf persönliche Beschwerden und Auffälligkeiten ein.“ Für Dagmar Schulz bildet dieses die Basis für eine individuelle Heilkräuter-Rezeptur, die Genese, Prävention und Wohlbefinden unterstützt.

„Die Natur ist so reichhaltig mit dem, was sie uns liefert“, betont sie mit Blick auf die zahlreichen Heilkräuter. Wenn es um Heilung und Prävention geht, beispielsweise bei Magenschleimhautreizungen, warnt die Kräuterexpertin – mit einem leicht entschuldigenden Schmunzeln – ihre Kunden jedes Mal vor: „Meine Tees schmecken nicht!“ Im Sortiment führt sie fast ausschließlich Bio-zertifizierte Heilkräuter, andere wiederum in Apothekerqualität. „Natürlich unbelastet und ohne Rückstände“, erklärt sie.

„Ich habe zwar viel, sehr viel über die Wirkweisen von Heilkräutern von meinem Vater gelernt, aber es gehört doch noch mehr zur Pflanzenheilkunde dazu.“

Auf ihren heutigen Beruf, auf den sie sich voll und ganz eingelassen hat, hat sie sich intensiv vorbereitet. „Ich habe zwar viel, sehr viel über die Wirkweisen von Heilkräutern von meinem Vater gelernt, aber es gehört doch noch mehr zur Pflanzenheilkunde dazu“, erklärt die 44-Jährige, die zwar von ihrer kaufmännischen Ausbildung profitiert, aber eine Ausbildung zur Heilpraktikerin absolvierte, sich im Bereich Phytotherapie weiterbildete und bei einem Pharmakologen ihr Wissen vertiefte. „Gewisse Dinge muss man einfach wissen, um adäquat beraten zu können. Ein Sachkundenachweis für frei verkäufliche Arzneimittel inklusive“, wie Dagmar Schulz feststellt. Und, hat sie ein Lieblingskraut? „Natürlich“, sagt sie. „Für mich nutze ich oft die sibirische Taigawurzel, sie ist meine Anti-Stress-Wurzel, fördert die Konzentration und steigert die Ausdauer, bringt das Hormonsystem in Einklang und ist gut für das Immunsystem. Außerdem greife ich regelmäßig zu den typischen „Frauenkräutern.“ 130 Einzelkräuter plus spezieller Mischungen auf Grundlage eigener Rezepturen – vom Grippe-, Bitter- oder Migränetee über Geburtsvorbereitungstees bis hin zum durchblutungsfördernden Tea for Two – machen das Sortiment ihres Kräuterladens aus, in dem sich der Duft der verschiedenen Heilkräuter wunderbar vereint. (C.B.)

www.kraeuterladen-paracelsus.de

Text: Corinna Bokermann | Fotos: Corinna Bokermann, privat

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